Babyglück trotz Diagnose Brustkrebs

Babyglück trotz Diagnose Brustkrebs

Brustkrebs und Schwangerschaft passen nicht zusammen? Eine Studie untersucht jetzt, wie sich Betroffene trotzdem ihren Kinderwunsch erfüllen können.

Sabrina ist 30 Jahre alt, frisch verheiratet und macht gerade ihren Masterabschluss, als sie die Diagnose Brustkrebs bekommt. «Ich hätte nie und nimmer damit gerechnet», sagt die Bernerin heute. Die Diagnose ist für die junge Frau ein Schock. Ihr erster Gedanke ist, einfach zu überleben. Als ihre Therapie beginnt, anzuschlagen und es ihr etwas besser geht, kommt auch der Kinderwunsch zurück. 

Für Frauen wie Sabrina – immerhin sieben Prozent aller diagnostizierten Brustkrebs-Patientinnen sind jünger als 40 Jahre alt – gibt es während der Behandlung nur eine Möglichkeit, ein Kind zu bekommen: Für eine kurze Zeit die Therapie zu pausieren.

Einzige Chance: Therapiepause
Die häufigste Form von Brustkrebs ist hormonsensitiv. Das bedeutet, dass Hormone wie etwa Östrogen das Tumorwachstum beschleunigen. Um dem entgegenzuwirken, machen viele Patientinnen eine Antihormontherapie, eine sogenannte endokrine Therapie. Diese Medikamente blockieren die Funktion der Eierstöcke oder verhindern somit eine Schwangerschaft oder sie sind für das ungeborenen Kind gefährlich und dürfen nicht während eine Schwangerschaft eingenommen werden.

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Da die Behandlung meist zwischen fünf und zehn Jahre andauert, können Betroffene oft nicht auf den Abschluss der Therapie warten, bevor sie ein Kind bekommen. Denn danach könnte es womöglich schon zu spät sein, schwanger zu werden. Die POSITIVE Studie untersucht jetzt, wie sicher eine Pause von der Antihormontherapie für Patientin und Kind ist.

Sabrina konnte sich ihren Kinderwunsch erfüllen, indem sie daran teilnehmen durfte: «Ich musste Formulare ausfüllen und mein Einverständnis für die Nutzung meiner Daten geben. Jetzt muss ich halbjährlich zur Blutkontrolle und einen Fragebogen zu meinem allgemeinen Befinden, den Medikamenten und meiner Umwelt beantworten.»

Tabubrüche für die Forschung
Es deutet nichts darauf hin, dass eine Pause der Therapie die Wahrscheinlichkeit eines Krebsrückfalls erhöht. Es konnte gar in rückblickenden Studien festgestellt werden, dass das Verfahren für das Kind sicher ist. Die Ergebnisse wurden aber bisher noch nicht mit eigens dafür erhobenen Daten bestätigt. Erstmals wird jetzt untersucht, wie sicher diese Unterbrechung ist.

Sabrina hat am eigenen Leib erfahren, dass es wichtig ist, dieses Thema zu untersuchen: «Während meiner Therapie wurde mir immer wieder gesagt: ‘Wissen Sie, die Medizin verfügt nur über sehr wenige Daten von Frauen mit Brustkrebs in Ihrer Altersgruppe.’ Solche Aussagen haben mir Angst gemacht.»

«Vor der Studie war es ein Tabu, mit jungen Patientinnen, die Brustkrebs haben, über ihre Familienplanung zu sprechen. In diesem Sinne hat unsere Arbeit schon sehr viel Awareness gebracht», sagt Monica Ruggeri. Sie ist verantwortlich für das Forschungsprogramm für junge Patientinnen der International Breast Cancer Study Group und die Koordinatorin der POSITIVE Studie. «Oft rät man den Patientinnen an, zuerst die Antihormontherapie zu beenden, bevor sie eine Schwangerschaft versuchen.»

Schon 180 gesunde Babys!
Dr. Manuela Rabaglio vom Inselspital Bern, die als Krebsärztin bei der POSITIVE Studie mitarbeitet, erklärt: «Es ist aber essentiell, dass man mit der Patientin gleich zu Beginn der Krebsbehandlung die Familienplanung bespricht. Sobald man die Behandlung beginnt, vermindert sie bereits die eigene Fruchtbarkeit.»

In der Studie sind schon 180 gesunde Babys zur Welt gekommen. «Das ist einerseits für die Datenerhebung grossartig und andererseits natürlich für die Patientinnen» sagt Monica Ruggeri. «Für sie war es so die Chance, im Rahmen einer kontrollierten klinischen Studie, ein Baby zu bekommen.» 

Eines dieser Kinder ist Sabrinas Tochter. Die junge Mutter fühlte sich seit der Diagnose in guten Händen: «Ich wurde zu Beginn meiner Diagnose von einer Cancer Nurse, einer spezialisierten Fachexpertin, begleitet. Sie unterstützte mich auch bei der Vermittlung einer Krebsärztin, einer Onkologin. Diese hat mich dann auf die Studie gebracht.»

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Unabhängig, akademisch – und auf Hilfe angewiesen
Die POSITIVE Studie ist eine einzigartige Chance, Daten zum Unterbruch der Antihormontherapie zu sammeln. «Mehr als 200 onkologische Zentren in 20 Länder, die teilnehmen – das ist ein riesiger Effort und benötigt auch ein grosses Fundraising im In- und Ausland. Die Studie ist komplett akademisch. Das bedeutet, sie wird beispielsweise von keiner Pharmafirma unterstützt. Genau aus diesem Grund ist auch die langjährige Unterstützung von Pink Ribbon für uns essentiell und wir sind dafür unglaublich dankbar», sagt Monica Ruggeri. 

Heute lebt Sabrina im Familienglück: «Meine Tochter ist drei Jahre alt und ein echter Sonnenschein. Wir sind eine glückliche kleine Familie. Immer im Wissen, dass dies ein unglaubliches Geschenk ist – denn es hätte auch anders verlaufen können. Wir hatten grosses Glück und dafür sind wir dankbar.»

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Sabrina mit ihrer Tochter

Was ist die POSITIVE Studie?

Die POSITIVE Studie der International Breast Cancer Study Group untersucht, wie sicher eine Pause der Antihormontherapie für junge Brustkrebspatientinnen ist. Für viele von ihnen ist eine Unterbrechung der Behandlung die einzige Möglichkeit, schwanger zu werden.

  • 518 Patientinnen aus 20 Länder nehmen an der Studie teil
  • Die Studie läuft seit 2014 und dauert mit der Auswertung bis 2029
  • Zur Studie zugelassen wurden Frauen, die:
    -unter 40 Jahre alt sind sind
    -an hormonsensitivem Brustkrebs im frühen Stadium leiden
    -seit 18 bis 30 Monaten in Hormontherapie sind und diese für eine Schwangerschaft unterbrechen wollen

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